Wann und wie kann ich "Woher kommst du?" fragen

Viel wurde bereits darüber diskutiert, dass es problematisch sein kann, die Frage "Woher kommst du?" zu stellen. Trotzdem herrscht hierzu weiterhin Unsicherheit. Darf ich die Frage überhaupt noch stellen? Wie kann ich verhindern, mit der Frage jemanden zu verletzen? Hier findest du Links zu Artikeln oder Videos, die einleuchtend erklären, warum die Frage problematisch sein kann und welche Fragen stattdessen sinnvoll wären.

Seit einiger Zeit machen verschiedene Stimmen darauf aufmerksam, dass die Frage "Woher kommst du?" ausgrenzend wirkt, wenn sie einer Person gestellt wird, die hier, in der Schweiz, geboren und aufgewachsen ist. Andere bezeugen jedoch, dass sie die Frage nicht stört und sie stolz auf ihre Herkunft sind. Wieder andere sind der Meinung, dass es wichtiger sei, sich statt dieser Bagatelle, dem chancengleichen Zugang zu Bildung, Arbeit und Wohnung zu widmen.

Dass jedoch struktureller Rassismus mit der Frage "Woher kommst du?" zusammenhängt, wird im Beobachter im Interview mit Yuvviki Dioh, Kommunikationswissenschaftlerin und Aktivistin, beschrieben. Darin wird beschrieben, dass es letztlich um die Frage geht, wer zur Schweiz dazugehört und wer nicht. Zugehörigkeit wird heute noch stark mit Hautfarbe, Aussehen oder Namen verbunden. Die Realität in einer postmigrantischen Schweiz ist jedoch die, dass viele Menschen sich der Schweiz zugehörig fühlen, auch wenn sie nicht "typisch schweizerisch" aussehen oder klingen.

In einem Artikel der Deutschen Welle steht Tahir Della im Fokus. Er macht darauf aufmerksam, dass er auch als Schwarzer Mann "deutsch" ist. Er stellt fest, dass das Bohren nach der Herkunft einer Person, auch wenn die Person offensichtlich #vonhier ist, eine Verneinung der heutigen postmigrantischen Realität darstellt.

Wie es sich anfühlt, wenn einem die Zugehörigkeit zur Gesellschaft abgesprochen wird, in der man geboren und aufgewachsen ist und zu der man sich zugehörig fühlt, erzählen Alice Hasters (Autorin), Alice M. Huynh (Bloggerin), Samira El Ouassil (Schauspielerin), Farah Bouamar (Künstlerin) und Tarik Tesfu (Moderator) im Video von Zeit Online. Wenn einem die Person wirklich interessiert, dann könnte man sie auch nach ihrem Hobby, ihrem Lieblingsessen oder ihren Interessen fragen.

Besonders schön, finde ich, wie Anja Glover (Soziologin, Autorin, Podcasterin, Speakerin, Social Entrepreneurin, Visionärin, Aktivistin, Journalistin, Yogainstruktorin und einiges mehr) in ihrem Brief an ihre Mitmenschen empfiehlt, darüber nachzudenken, warum es denn so wichtig ist, so kurz nach der ersten Begegnung die Herkunft der Eltern und Grosseltern zu kennen und welches Weltbild dahintersteckt.

Und genau darum geht es beim Anti-Rassismus. Es geht darum, sich selbst zu reflektieren und zu hinterfragen. Es geht darum ein rassistisch geprägtes Weltbild zu verlernen. Es geht darum die Fähigkeit zu erlernen, wieder den Menschen statt seiner Herkunft und den damit verbundenen Kategorisierungen ins Zentrum des Interesses zu setzen. Und daran müssen wir alle arbeiten, unabhängig davon, ob wir selbst Rassismus erfahren oder nicht.

Darf ich nun die Frage noch stellen? Selbstverständlich. Frage dich einfach dabei, ob die Frage in der gegeben Situation wirklich relevant ist und was du damit bezweckst. Akzeptiere die Antwort, die dir gegeben wird, auch wenn die Antwort nicht deinen Erwartungen entspricht. Akzeptiere auch, wenn die Frage einer Person unangenehm ist und belasse es dabei. Vertraue darauf, dass sich die Person dir öffnen wird, sobald sie sich bei dir sicher fühlt.

-Angelina

Weiterführende Links:

In der Schweiz existiert das Kollektiv vo da. (zur vo da. Webseite), welches sich zur Aufgabe gemacht hat, Diskriminierung und Rassismus öffentlich anzusprechen und zu benennen. Das Institut Neue Schweiz (zur INES Webseite) ist ein ThinkThank, das gesellschaftspolitische Visionen zu Arbeit, Bildung, Konsum, etc. für eine postmigrantische Schweiz entwickelt.